Der Hintergrund des Pilotprojektes

Ziel des Pilotprojektes COOL KOCHEN war es, die Ernährungskompetenz von Jugendlichen insbesondere aus schwierigen sozialen Lagen zu verbessern und somit zu mehr gesundheitlicher Chancengleichheit beizutragen. Fehlernährung und ihre Folgen, vor allem Übergewicht und Adipositas, stellen in dieser Gruppe ein zunehmendes Problem dar. Darüber hinaus sind die Jugendlichen von heute die Eltern von morgen. Demnach sind ihre Kochkompetenzen und die Entwicklung eines gesundheitsbewussten Essverhaltens nach dem Prinzip der „Ernährung in den erste 1.000 Tagen“ von großer Bedeutung für die Gesundheit der kommenden Generation.

Die Konzeption und Umsetzung des Projektes erfolgte durch die Deutsche Gesellschaft für Ernährung e. V., Sektion Schleswig-Holstein. In der Pilotphase wurde COOL KOCHEN vom Ministerium für Justiz und Gesundheit finanziell gefördert. Zielgruppe waren Mitarbeitende aus den Jugendtreffs der Stadt Kiel. Durch die Vermittlung von spezifischem Hintergrundwissen und die Durchführung praktischer Schulungen wurden diese darauf vorbereitet, das Handlungsfeld Ernährung zielgruppengerecht in ihren Arbeitsbereich zu integrieren und das Gelernte an die Jugendliche weiterzugeben. Denn: wer selbst kochen kann, hat die Chance, sich besser und meistens auch preiswerter zu ernähren.

Der Ablauf des Pilotprojektes

1. Die Entwicklung des Schulungskonzeptes: zielgruppengerecht, partizipativ und fachlich fundiert

Bei der Entwicklung des Schulungskonzeptes arbeiteten die Mitglieder des DGE-Projektteams eng mit Fachkräften aus Jugend- und Mädchentreffs der Stadt Kiel zusammen. Zur Erarbeitung der Inhalte des Pilotprojektes wurden folgende Informationen erhoben und berücksichtigt:

Cool kochen - Schulungskonzept
Bestandsaufnahme

Die Mitglieder des DGE-Projektteams besuchten alle teilnehmenden Einrichtungen und ermittelten in ausführlichen Erstgesprächen den individuellen Status Quo bei der Integration der Themen Ernährung und Kochen in die Arbeit des jeweiligen Jugend- bzw. Mädchentreffs. Hierzu zählten z. B. die konzeptionelle Einbindung von Kochaktivitäten in die Offene Jugendarbeit, die Altersstruktur der Besucher*innen, der Stellenwert der Themen Kochen und Ernährung bei den Besucher*innen, die individuellen Möglichkeiten für Kochaktivitäten vor Ort, etablierte Abläufe und Strukturen bei Kochaktivitäten sowie die jeweiligen Bedarfe für Input und ggf. Ausstattung. Einige Ergebnisse der Bestandsaufnahme können hier angesehen werden.

Ziele und Erwartungen der teilnehmenden Einrichtungen

Die Ziele und Erwartungen der Mitarbeitenden in den Jugend- und Mädchentreffs an das Pilotprojekt erwiesen sich als sehr ähnlich: „Wir wollen im Bereich Kochen das machen, was wir jetzt schon machen, aber besser.“ Dafür wünschten sich die Mitarbeitenden mehr Hintergrundwissen, „gesündere“ Rezepte für Trendgerichte und Ideen, wie das Kochen in der Einrichtung – vom Einkauf bis zum Aufräumen – entspannter umgesetzt werden kann. Die Anforderungen an die zu kochenden Gerichte und Rezepte waren vielfältig: kostengünstige Zutaten, die überall erhältlich sind, schnell zuzubereiten und eine hohe Akzeptanz bei den Jugendlichen.

Ziele und Know-how des DGE-Projektteams

Fachkräfte in der (Offenen) Jugendarbeit befähigen, theoretische Grundlagen sowie praktische Kompetenzen für ein gesundheitsorientiertes Essverhalten an Jugendliche weiterzuvermitteln.

2. Die Durchführung der Schulungsveranstaltungen

Im Anschluss an die Konzeptions- und Planungsphase wurden diese Inhalte in den teilnehmenden Einrichtungen im Rahmen von fünf wöchentlich stattfindenden halbtägigen Veranstaltungen umgesetzt. Hierbei wurde die Realisierung der Gerichte unter den örtlichen Gegebenheiten erprobt und von den Fachkräften jeweils Feedbacks zu den Zubereitungsmethoden und Rezepturen gegeben. Gekocht wurden unter anderem Burger aus Kidneybohnen, Chili sin Carne und ein Currygericht.  Neben den Vorträgen zu den gesetzten Themen der „Wissensbausteine“ (z. B. Energydrinks und Koffein, Proteine in der Ernährung, Energiebedarf und -zufuhr) beantworteten die DGE-Projektmitarbeitenden während der Veranstaltungen zahlreiche Fragen der teilnehmenden Fachkräfte zu weiteren Ernährungsthemen. Jeder Projekttag endete mit einer gemeinsamen Verkostung der Gerichte und einem Feedback der Teilnehmenden.

Eindrücke aus dem Pilotprojekt

Die Veranstaltungen mit sechs Jugend- und Mädchentreffs der Stadt Kiel fanden im September und Oktober 2022 als kleine „Serie“ an fünf Vormittagen in Folge statt.

Ausgewählte Evaluationsergebnisse

Zum Ende des Projektes wurde eine schriftliche Evaluation durchgeführt, bei der alle Teilnehmenden 10 Fragestellungen beantworteten. Die Resonanz war überwiegend sehr positiv, aber natürlich zeigten sich auch hier individuelle Unterschiede. Die Kombination von Theorie- und Praxisanteilen wurde sehr positiv beurteilt: „Die Abwechslung von Theorie und praktischem Anteil hat das Ganze noch lebendiger gemacht. Ich konnte neue Zutaten kennenlernen.“

Ebenfalls positiv fiel die Resonanz zur Themenauswahl und Aufbereitung der Themen der „Wissensbausteine“ sowie die Beantwortung der Fragen der Teilnehmenden zu weiteren Themen aus: „Das, was ich an Themen vorgetragen bekommen habe, ist mir sehr im Gedächtnis geblieben. Denn mein Kenntnisstand konnte dadurch erweitert bzw. aufgefrischt werden.“ „Besonders gut fand ich die Flexibilität in Bezug auf die Themen. Diese waren genau auf unsere (Mädchentreffs + Jugendtreffs) Bedürfnisse/Wünsche angepasst.“

In Bezug auf die während der Veranstaltungen erproben Rezepte äußerten einige Teilnehmenden die Einschätzung, dass die Zubereitung zu aufwändig für die Umsetzung in den Jugendtreffs sei: „Die Rezepte waren zu aufwändig; die Mädchen haben nach der Schule keine Lust, einkaufen zu gehen“. Andere hoben die vielen neuen Rezeptidee und die Betonung der gesunden Ernährung positiv hervor.

Ein besonders erfreuliches Feedback war die Schilderung der Erfahrung, dass „gesunde“ Zutaten, z. B. unverarbeitete Zutaten und frisches Gemüse nicht teurer oder sogar preisgünstiger sind als die bislang bei der Speisenzubereitung in den Jugendtreffs vielfach eingesetzten Convenience- und Fertigprodukte: Ich nutze bei meiner Arbeit mein neu erworbenes Wissen über bewusstes und gesundes Einkaufen. Ich habe dabei festgestellt, dass es nicht unbedingt teurer ist.“

Unter dem Punkt „Sonstige Anmerkungen“ fanden sich Anregungen wie Ich fände ein Nachtreffen gut in einem halben Jahr oder so um zu erfahren, was sich nach dem Projekt konkret in den Treffs getan hat. Ich fand das Projekt super. Es hat (…) für mich auf der Arbeit neue Impulse und auf einige Dinge einen (neuen) Fokus gesetzt.“ Eher kritisch äußerten sich einige Teilnehmenden insbesondere in Bezug auf die zeitliche Beanspruchung: Die Zeiten 9-13 Uhr passten für meine Arbeitszeiten gar nicht. Je nach Personalauslastung bedeutete das für mich 11 Stunden Arbeitstage. Unter dieser Voraussetzung hätte ich meinen Treff nicht angemeldet. Wir haben abends lange geöffnet und für 5 Termine können wir nicht die Einrichtung permanent schließen. Für diese Uhrzeiten war der Termin zu kurzfristig angesetzt und müsste umgesetzt werden. Spätere Startzeit wäre besser.“

Sehr erfreulich aus Sicht der DGE ist die Rückmeldung nahezu aller Befragten, die meisten Themen der Wissensbausteine im Kollegium angesprochen und diskutiert zu haben. Als besonders interessant wurde die Energiewaage genannt, die es ermöglicht, die Energieaufnahme durch einzelne Speisen sehr anschaulich darzustellen. Daneben waren die Inhalte der Wissensbaueine zu Proteinzufuhr und - bedarf sowie Energydrinks und Koffein bei vielen der Teilnehmenden nach Abschluss der Veranstaltungsreihe noch präsent.

Die überwiegende Zahl der Befragten hätte sich noch mehr Veranstaltungen gewünscht, um gemeinsam weitere Themen aus dem Bereich Ernährung zu bearbeiten. So wurden z. B. noch Themenwünsche wie „Essstörungen", „Mikroplastik in Lebensmitteln“, „Frühstück ja oder nein“ genannt, die im Rahmen des Projektes nicht bearbeitet wurden.

Materialien aus dem Pilotprojekt

Man soll dem Leib etwas Gutes bieten, damit die Seele Lust hat, darin zu wohnen.

Winston Churchill